Niedrigster Wahlsieg für die Regierungspartei

Man spricht von einem der aufregendsten und interessantesten Wahlkämpfe, der in breiten Bevölkerungskreisen Tansanias Interesse erregte. Rund 23 Millionen eingetragene Wahlberechtigte – davon 53% Frauen – waren am 25. Oktober 2015 aufgefordert, ihre Stimme abzugeben.

Der Vorsitzende des NEC (Nationale Wahlkommission) erklärte den CCM-Kandidaten Dr. John Pombe Joseph Magufuli zum fünften Präsidenten Tansanias. Mit 58,46% der Stimmen siegt Magufuli vor seinem wichtigsten Konkurrenten, Edward Lowassa, der 39,97% der Stimmen erhält. Auf die sechs weiteren Kandidaten entfallen jeweils zwischen knapp 100.000 und 8.000 Wählerstimmen.

Es war eine historische Wahl – sowohl für die Regierung als auch die Opposition. Magufuli muss den niedrigsten Wahlsieg, der jemals von der regierenden CCM Partei errungen wurde, hinnehmen. Besonders in den Schlüsselregionen Dar Es Salaam, Arusha und Kilimanjaro verlor die Partei Sitze. Lowassa hingegen konnte sich das für einen Oppositionskandidaten höchste Wahlergebnis in der Geschichte sichern. Alle Oppositionsparteien zusammen nehmen 70 Parlamentssitze ein. Sie dürften nun eine stärkere Stimme innehaben, wenn auch nicht stark genug um die Gesetzesvorhaben zu verhindern.

Internationale Wahlbeobachter zeigten sich in Berichten mit dem Wahlverlauf insgesamt zufrieden. Verbesserungen sind jedoch nicht ausgeschlossen. Zu Unregelmäßigkeiten und Unstimmigkeiten kam es insbesondere auf Sansibar. In dem halbautonomen Teilstaat Tansanias wurde die Wahl annuliert und muss wiederholt werden, da die Zahl der abgegebenen Stimmen die der registrierten Wähler überstieg. Laut NEC hat die Neuwahl allerdings keine Auswirkungen auf das Gesamtwahlergebnis – wenngleich Lowassa genau das anzweifelt und glaubt, er wäre mit den Stimmen Sansibars Wahlsieger geworden. Politische Unruhen auf der Insel gelten als große Herausforderung für die neue Regierung. Erfreulicherweise ist mit Samia Suluhu Hassan aus Sansibar zum ersten Mal eine Frau Vizepräsidentin geworden – auch insgesamt hat die Zahl der Frauen in der Nationalversammlung zugenommen.

Die Bevölkerung fordert den politischen Wandel.

57% der Wähler sind zwischen 18 und 35 Jahre alt – sie werden es nicht hinnehmen, dass trotz stetigem Wirtschaftswachstum kaum Arbeitsplätze geschaffen werden. Ebenfalls wird der Druck in Bezug auf Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitswesen größer. Der CCM bleibt keine Wahl und so versucht Magufuli, der den Ruf eines “Arbeitstieres” hat, erste Zeichen des Wandels zu setzen. Beispielsweise hat er wenige Tage nach Amtsantritt illegale Gebäude in Dar Es Salaam abreißen lassen – unabhängig von Rang und Ansehen der Eigentümer. Nach dem Besuch eines städtischen Krankenhauses in Dar Es Salaam startete er eine Spenden-Initiative, nachdem er die unwürdigen Zustände vor Ort sah (Menschen schliefen auf dem Fußboden oder teilten sich zu Dritt ein Bett) und ließ mit dem Geld Betten kaufen.

Auch die Opposition steht vor einem Wandel: mit steigenden Stimmanteilen steigen auch Verantwortung und Erwartungen. Sie muss zeigen, dass sie eine ernstzunehmende Alternative zur Regierung ist. Es reicht nicht mehr aus, einfach nur “dagegen” zu sein. Nachdem der in Korruptionsskandale verwickelte Lowassa Spitzenkandidat in der Parlamentswahl war, hat das Hauptargument gegen die Regierungspartei – der Kampf gegen Korruption – ihre Wirkungskraft verloren. Die Opposition steht nun vor der Aufgabe, ein eigenes Parteiprogramm aus zu arbeiten und eigene Vorschläge zu machen. Wir sind gespannt, wie sich Tansania weiter entwickeln wird.