Interview mit dem Fotografen Kevin McElvaney

Kevin macht Fotos in Tansania
Was machst Du, wenn Du nicht mit Jambo Bukoba unterwegs bist?

Ich bin freier Fotograf aus Hamburg und sehr gerne und viel in der Reportage und Dokumentation unterwegs. Meine Strecke über den Elektroschrottplatz in Agbogblohie in Accra, Ghana, hat primär dafür gesorgt, dass ich in diesem Bereich einen relativ sicheren Stand bekommen habe und mir Projekte rund um Mensch und Natur wichtig geworden sind. Seither bewegen mich solche Themen und führten unter anderem nach Indonesien, aber auch zu eher sportlicheren Themen in Italien.

Seit einiger Zeit gehören auch immer mehr Portraits zu bekannten Persönlichkeiten dazu, wie beispielsweise Reinhold Messner oder Esther Bejarano. Das große Glück derzeit ist, dass ich Projekte und Interessen frei umsetzen kann, sofern Zeit bleibt und das Timing stimmt. Einige kommerziellere Projekte in Zusammenarbeit mit Agenturen und anderen Kreativen im Alltag sind hierfür natürlich nötig, aber auch sehr wertvoll.

 

Wie bist du auf Jambo Bukoba aufmerksam geworden?

Letzlich ist Jambo Bukoba bzw. der Gründer Clemens auf mich aufmerksam geworden. Er hatte mein Interview auf Bayern3 in  derTalksendung “Mensch Theile” rund 2 Wochen vor dem Abflug nach Tansania beim Joggen gehört und mich anschließend angefragt. Nach einer Nacht Überlegung habe ich spontan zugesagt. So kann es gehen… Ich bin sehr froh, dass Clemens hier seinen Intuitionen gefolgt ist und den Impuls gesetzt hat. Im Allgemeinen scheint er sehr emotional, aber dennoch mit Bedacht sein Team zu formen und zu fördern – es war sehr schön und richtig bei der Projektreise dabei zu sein.

 

Bist Du früher schon einmal in Tansania oder Afrika gewesen?

Ich war mehrfach in Teilen von Südafrika. Tansania war Neuland für mich. Mein Eindruck war, dass es ein sehr friedvolles, entspanntes und temperamentvolles Land ist. Die Infrastruktur und ökonomische Entwicklung sieht in vielen Teilen jedoch sehr schlecht aus – es hat mich hier ein wenig an meine Zeit in Haiti erinnert.

 

Warum hast Du Dich auf die Reise eingelassen? Was war Deine Motivation?

Einerseits bin ich etwas abergläubisch und denke, dass eine solche Chance, die in dein Leben kommt einen Grund hat. Nachdem ich die Arbeit von Jambo Bukoba genauer angesehen habe und mir Clemens in mehreren Telefonaten seine Absichten und Erwartungen von meiner Arbeit erklärt hat, hat sich an diesem positiven Ersteindruck nichts geändert. Einerseits sollte es also wohl einfach so sein, andererseits gibt es natürlich nichts Schöneres, als mit seiner Arbeit nahezu unmittelbar jemandem zu helfen, der das Richtige tut. Für mich selbst ist eine solche Reise natürlich auch interessant, denn man lernt Menschen und Projekte kennen, auf die man sonst nicht gestoßen wäre. Zudem war ich hier viel öfter ein stiller Beobachter, was ich bei meinen anderen Projekten eher selten bin.

 

Hattest Du eine Vorstellung davon, was Dich auf der Reise erwartet? Hat sich diese bestätigt?

Vor Ort ist immer alles etwas anders, aber ich wurde sehr gut vorbereitet und konnte gesund einschätzen was passiert. In Afrika wird ja auch viel improvisiert und die Uhren ticken etwas anders (nicht unbedingt langsamer), da muss man einfach mitspielen und sich anpassen :). Oberflächlich gesehen, war ich überrascht, wie angenehm das Klima dort ist und wie grün und frisch es in vielen Regionen war, doch wir kamen ja auch zum Zeitraum der Regenzeit. Inhaltlich gehörten viele offizielle Treffen und Schul- und Projektbesuche zum Tagesplan. Hier war es interessant zu sehen, welche Rolle die Lehrer und Schulleiter spielen, mit denen Jambo Bukoba zusammenarbeitet. Es war wirklich spürbar, wie sehr diese die Freude, Agilität und das Selbstbewusstsein der Schüler beeinflussen.

 

Was hat Dich auf der Reise am meisten beeindruckt und bewegt?

Ich habe ehrlich gesagt zuvor nicht erwartet, dass das Thema Sport und Gleichberechtigung in Tansania so wenig entwickelt ist und oftmals vernachlässigt wird. Irgendwo fand ich es auch schwierig zu glauben, dass man durch Sport “spielerisch” so viel verändern kann. Auf einmal sieht man aber wirklich Mädchen, die im Spiel mit Jungs um den Ball kämpfen und sich beide Parteien gegenseitig nichts schenken. Das mag in unseren Augen auch nicht all zu überraschend sein, aber man hatte auch Orte gesehen, bei denen diese Praxis erst in den Kinderschuhen steckt. Ich habe ehrlich gesagt wohl vergessen, wie sehr man beim Sport aus sich herauskommt und wie euphorisiert man nach einem Teamspiel ist. Das gehört einfach zur gesunden Entwicklung von Kindern dazu und sollte auch danach nicht vergessen werden.

Zudem war ich  überrascht, wie sehr Clemens seine deutschen und regionalen Mitarbeiter, aber auch die „Jambo Bukoba-Lehrer” in die Pflicht nimmt. Hier wird niemandem etwas geschenkt, alle müssen wirklich etwas leisten. Oft gibt es in Afrika die “Hand aufhalten”-Mentalität, doch dies wurde auch gegenüber von Politikern strickt geblockt. Im ersten Moment ist das oftmals verwunderlich, im Zweiten aber richtig und am Ende merkt man, dass es hier um Partnerschaften geht, bei denen jeder seinen Beitrag zu leisten hat. Hier wird Menschen in der Region von Bukoba die Chance gegeben etwas für sich, ihre Region und ihr Land verändern zu können! Am Ende erzielt man dadurch vor Aalem das Gefühl bei allen Parteien, dass es “ihr Projekt” ist und spätestens dann hat sich die Mühe gelohnt und man hat etwas Nachhaltigeres geschaffen.

 

Was nimmst Du für Dich persönlich von der Reise mit?

Ich habe ehrlich gesagt gemerkt, dass es in Entwicklungsländern nicht nur wichtig ist, den Kindern und Jugendlichen eine Chance zu geben, sondern sie hierfür auch wirklich stark (genug) zu machen. Jambo Bukoba sagt  “Mach Kinder in Afrika durch Sport stark!”. Auch wenn dies sicherlich nicht alles ist, sollte man im Hinterkopf behalten, dass man in Ländern wie Tansania von einem ganz anderen Standpunkt aus starten muss, wenn man beispielsweise in Schulklassen mit 80 Schülern sitzt, wo nur eine Glühbirne brennt und der Schulweg manchmal 4 Stunden dauert. Da hilft ein Stipendium nichts, wenn die Rahmenbedingungen nicht gegeben sind und das alles merkt man in Auszügen nur, wenn man es mit seinen eigenen Augen gesehen hat und vor Ort erlebt. Solch eine Stärke muss man erstmal besitzen, bevor man eine helfende Hand anfassen kann und möchte. Das ist oftmals frustrierend, aber umso schöner zu sehen, dass Menschen versuchen, diese Barrikaden zu durchbrechen. Eine Chance muss aber immer noch eine Chance bleiben: wenn sich ein gestärktes Mädchen beispielsweise mit 16 Jahren dazu entscheidet keine Karriere zu machen, soll und muss  dies auch toleriert werden.

 

Gibt es etwas, dass wir in Deutschland von Tansania lernen können?

In einem Land in dem viele soziale oder ökonomische Entwicklungen in der Kinderschuhen stecken, gibt es oftmals noch nicht dieses “so haben wir das schon immer gemacht” oder “dann machen wir das mal so wie…“. Natürlich muss man das Rad nicht immer neu erfinden, aber manche Dinge und Prozesse gesund zu hinterfragen und auf die Begebenheiten anzupassen, führt zu kreativen Ideen. Beispielsweise haben die Lehrer  angeführt, dass man bei der HIV-Prävention der Kinder ein frisches Gesicht im Klassenraum braucht, damit dem Thema das nötige Interesse und  Aufmerksamkeit geschenkt wird. Da standen schnell Ideen wie “wo bekommen wir ÄrzteInnen oder Krankenschwestern her?” im Raum. Letzlich viel aber auf, dass hierfür die Lehrer selbst bereits ausgebildet wurden und dann kam aus den eigenen Reihen die Idee, dass doch Lehrer von naheliegenden Regionen, die jeweils andere Schule besuchen können… schon hatte man mit den eigenen Hausmitteln das Problem gelöst.

tansanisches Kind macht Fotostansanische Kinder schauen sich die Bilder an

Kevin hat unzählige tolle Fotos über die Reise hinweg geschossen, die er Jambo Bukoba zur freien Verfügung stellt und die wir für die Website, dem Newsletter und für viele andere Gelegenheiten nutzen werden. Wirklich großartig! Danke dafür.

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